Ein Ehepaar befand sich bei Ausbruch der Corona-Pandemie 2020 auf einem Badeurlaub im ägyptischen Hurghada, als das österreichische Außenministerium darüber informierte, dass sie unverzüglich die Rückreise antreten sollen. Als der Reiseveranstalter auf zahlreiche Kontaktaufnahmeversuche der Reisenden nicht reagierte, traten sie auf eigene Faust die vorzeitige Rückreise an. Das Bezirksgericht Eisenstadt bestätigte jetzt den Ersatzanspruch von rund 1.800 Euro gegenüber dem Reiseveranstalter BigXtra Touristik GmbH. Das Urteil ist rechtskräftig.
Ein Ehepaar hatte eine zweiwöchige Pauschalreise in Ägypten für Anfang März 2020 zu einem Gesamtpreis von rund 1.500 Euro gebucht. Infolge des Ausbruchs der Covid-19-Pandemie spitzte sich die Lage vor Ort jedoch so zu, dass das österreichische Außenministerium die Reisenden aufforderte, unverzüglich ihre Rückreise anzutreten, da der Flughafen in Ägypten in den nächsten Tagen geschlossen werden würde. Für die Konsumenten war unklar, ob der ursprüngliche, für einen späteren Zeitpunkt geplante Rückflug stattfinden würde. Sämtliche Kontaktaufnahmeversuche mit dem Reiseveranstalter scheiterten. Deshalb sah sich das Paar dazu veranlasst, die Rückreise auf eigene Faust anzutreten. Flüge nach Österreich waren zu diesem Zeitpunkt bereits ausgebucht. Es blieb ihnen nur noch ein Flug nach Zürich. Da mittlerweile aber auch sämtliche Zugverbindungen zwischen Österreich und der Schweiz eingestellt waren, nahmen sie einen Zug zur österreichischen Grenze und überquerten diese dann zu Fuß. Weiter nahmen sie ein Taxi nach Bregenz, wo sie die Nacht auf einer Polizeistation – der einzig beheizten Wartemöglichkeit – verbrachten, um dann am nächsten Morgen mit dem frühestmöglichen Zug nach Wien zu gelangen. Die Rückreisekosten beliefen sich insgesamt auf rund 1.300 Euro.
„Diese Rückreise-Odyssee macht deutlich, dass die Konsumenten ihre Heimreise in allerletzter Minute antraten. Ein weiteres Zuwarten auf Unterstützung seitens des Reiseveranstalters hätte die Rückreise höchstwahrscheinlich gänzlich unmöglich gemacht“, erläutert VKI-Juristin Mag. Verena Grubner das Verhalten der Reisenden. „Trotzdem verweigerte BigXtra Touristik die Rückerstattung der Rückreisekosten mit der Begründung, es wäre den Reisenden zumutbar gewesen, noch am Urlaubsort zu verweilen und die Durchführung des ursprünglich geplanten Rückflugs abzuwarten.“
Der VKI unterstützte im Auftrag des Sozialministeriums die Konsumenten bei der klagsweisen Geltendmachung ihrer Ansprüche gegenüber BigXtra Touristik – mit Erfolg: Das Bezirksgericht Eisenstadt gab der Klage vollumfänglich statt und sprach den Konsumenten sowohl die Kosten für die selbstorganisierte Rückreise als auch eine Reisepreisminderung von rund 500 Euro zu.
„Selbst wenn Reisemängel auf unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände – wie beispielsweise Ausbruch einer Pandemie – zurückzuführen sind, sind die Reisenden dazu berechtigt, sowohl für bestehende Vertragswidrigkeiten eine Reisepreisminderung zu verlangen als auch vom Pauschalreisevertrag zurückzutreten. Der Reiseveranstalter hat in einem solchen Fall unverzüglich und ohne Mehrkosten für die Rückbeförderung der Reisenden zu sorgen. Da die Konsumenten selbst Abhilfe schaffen mussten, sind ihnen die gesamten dafür entstandenen Kosten vom Reiseveranstalter zu ersetzen“, kommentiert Mag. Verena Grubner das Urteil.
SERVICE: Das Urteil im Volltext gibt es auf www.verbraucherrecht.at/BigXtra042022.