Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums die Ruefa GmbH (Ruefa) geklagt. Eine im Jahr 2021 verwendete Klausel des Reiseveranstalters nahm Reisenden pauschal jegliche Möglichkeit, bei künftig auftretenden coronabedingten Reisebeschränkungen kostenlos zu stornieren. Der Oberste Gerichtshof (OGH) gab der Klage des VKI statt und beurteilte die Klausel als gesetzwidrig. Das Urteil ist rechtskräftig.
Ruefa verwendete im Jahr 2021 für Pauschalreisen folgende Klausel: „Stornierungen aufgrund von zukünftigen 'coronabedingten' Reisebeschränkungen führen nicht mehr zu einem unentgeltlichen Rücktrittsrecht des Reisenden, da mittlerweile jedermann die Auswirkungen der COVID-19 bedingten Einschränkungen hinsichtlich der Reisefreiheit bekannt sein müssen. Das Rücktrittsrecht kommt nur bei unvermeidbaren und außergewöhnlichen Umständen zum Tragen, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht bekannt gewesen sind. Sofern solche Umstände bereits bei der Buchung bekannt waren und sich in der Folge auch nicht wesentlich verschlechtert haben, kann ein kostenloser Reiserücktritt jedenfalls nicht gewährt werden.“
Diese Klausel widerspricht laut OGH aus mehreren Gründen dem Gesetz. Der Klausel zufolge führen „Stornierungen aufgrund von zukünftigen 'coronabedingten' Reisebeschränkungen“ in keinem Fall mehr zu einem unentgeltlichen Rücktrittsrecht der Reisenden. Ruefa brachte vor, dass unvorhersehbare Einschränkungen aus „coronabedingten“ Gründen nicht mehr denkbar seien, weil das weltweite Auftreten des SARS-CoV-2-Erregers bekannt sei. Dem ist laut OGH nicht zu folgen. Die Annahme, dass weitere – bisher noch nicht erfolgte – Einschränkungen nicht mehr denkbar seien, beruhe auf bloßer Spekulation. Diesen Teil der Klausel beurteilte der OGH daher als intransparent. Ruefa behalte sich dadurch einen unangemessen weiten Auslegungsspielraum vor.
Nach dem Pauschalreisegesetz (PRG) können Reisende kostenfrei vor Beginn der Pauschalreise von dieser zurücktreten, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Die klagsgegenständliche Klausel stimmt nicht mit dem Text des PRG überein. Die „unvermeidbaren und außergewöhnlichen Umstände“ werden nicht näher definiert.
„Ruefa hat diese Klausel bereits im Frühjahr 2021 verwendet, als coronabedingte Reisebeschränkungen durchaus noch aufrecht waren. Der Umfang und die geografische Geltung von Reisebeschränkungen war aufgrund der volatilen Lage nicht zwingend voraussehbar. Bereits aus diesem Grund konnte es nicht gerechtfertigt sein, Verbraucher:innen umfassend das Recht auf ein kostenlosen Reiserücktritt bei coronabedingten Reisebeschränkungen zu nehmen“, kommentiert Dr. Beate Gelbmann, Leiterin der Abteilung Klagen im VKI, das Verfahren.
SERVICE: Das Urteil im Volltext gibt es auf www.verbraucherrecht.at/Ruefa032023.