Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums den Versicherer CNP Santander Insurance Europe DAC (CNP Santander Insurance) wegen einer Klausel in deren „Besonderen Bedingungen für die Restschuldarbeitsunfähigkeitsversicherung“ geklagt, wonach im Falle der Arbeitsunfähigkeit eine Leistung erstmalig an dem Fälligkeitstermin der Kreditrate erbracht wird, welcher dem Ablauf einer Frist von 6 Wochen ab Beginn der Arbeitsunfähigkeit folgt (= Karenzzeit). Das Oberlandesgericht (OLG) Wien gab dem VKI nun vollinhaltlich recht und beurteilte die Klausel als unzulässig. Das Urteil ist rechtskräftig. Zuvor hatte der Versicherer einer Verbraucherin, die wegen Long Covid eine Zeit lang arbeitsunfähig war, unter Berufung auf jene Klausel die Versicherungsleistung verweigert. Nachdem der VKI für die Konsumentin Klage eingebracht hatte, wurden alle Kreditraten seitens des Restschuldversicherers bezahlt.
Dem Musterprozess des VKI lag folgender Fall zugrunde: Eine Konsumentin hatte im Rahmen eines Kreditvertrages zugleich einen entgeltlichen Restschuldversicherungsvertrag bei der irischen CNP Santander Insurance abgeschlossen. Laut Versicherungsunterlagen waren vom Versicherungsschutz unter anderem Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit, Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit umfasst.
Nach einer Covid-19-Infektion litt die Konsumentin an Long Covid, was zu Phasen von Arbeitsunfähigkeit führte. Für die ersten beiden Monate der Arbeitsunfähigkeit überwies der Versicherer die Kreditraten. Als nach einigen Monaten die Fälligkeit von 3 Kreditraten in den Zeitraum einer erneuten Arbeitsunfähigkeit der Verbraucherin fiel, zahlte der Versicherer nur noch eine Kreditrate, die übrigen beiden in Höhe von insgesamt 1.128,60 Euro hingegen nicht. Der Versicherer argumentierte unter Berufung auf seine Klausel, dass nicht die im gesamten Zeitraum einer Arbeitsunfähigkeit fällig werdenden Kreditraten zu ersetzen seien, sondern nur jene, die nach einer „Karenzzeit“ von 6 Wochen ab Beginn einer Arbeitsunfähigkeit schlagend werden würden.
Die Konsumentin wandte sich in der Folge hilfesuchend an den VKI. Der VKI klagte für die Verbraucherin die beiden Kreditraten ein und argumentierte, dass die Klausel aus mehreren Gründen unwirksam sei. Nach Ansicht des VKI musste die Verbraucherin nicht damit rechnen, dass der Versicherer die ersten 6 Wochen einer jeden neu eintretenden Arbeitsunfähigkeit aus dem Versicherungsschutz ausnimmt. Daraufhin zahlte die CNP Santander Insurance – kurz nach Klagseinbringung – die eingeklagten 1.128,60 Euro samt Zinsen.
Parallel dazu reichte der VKI auch eine Verbandsklage gegen den Versicherer ein. In diesem Verfahren beurteilte
das OLG Wien die Klausel als intransparent und somit unzulässig. Sie sei unklar abgefasst und vermittle Verbraucher:innen daher nur ein unklares oder gar unrichtiges Bild von der Rechtslage; zumal sich in den Vertragsbedingungen noch vor der beanstandeten Klausel eine Bestimmung befindet, der zufolge der Versicherer sehr wohl alle während der Arbeitsunfähigkeit fällig werdenden Kreditraten bezahlt.
„Die von CNP Santander Insurance gewählten Formulierungen und der Widerspruch zwischen den zwei Klauseln kann – wie das OLG Wien zutreffend ausführt – bei Versicherungsnehmer:innen den Eindruck erwecken, dass der Versicherer die während der ersten 6 Wochen einer Arbeitsunfähigkeit fällig werdenden Kreditraten sehr wohl zahlt, wenn auch erst zeitlich versetzt. Damit bestätigt das Gericht klar die Rechtsansicht des VKI“, erläutert VKI-Juristin Mag. Marlies Leisentritt das rechtskräftige zweitinstanzliche Urteil.
SERVICE: Das Urteil im Volltext gibt es auf www.verbraucherrecht.at/CNPSantander042024.