Der Trend zum Onlinehandel mittels Dropshipping reißt nicht ab: Weltweit hat sich das Volumen des Geschäftsmodells seit der Pandemie verdreifacht. Auch in Europa boomt der direkte Versand von Herstellern und Marktplätzen an Konsument:innen – mit gravierenden Nachteilen für die Kaufenden. Beim sogenannten Dropshipping betreiben Händler:innen einen Webshop, lagern die Ware aber nicht selbst. Stattdessen wird die Bestellung automatisiert an Drittanbieter – oft in Fernost – weitergeleitet. Für Konsument:innen bedeutet dies: lange Lieferzeiten, mangelhafte Produkte, und nahezu unmögliche Rückgaben wegen hoher Rücksendekosten nach Fernost und unzureichendem Kundendienst.
Das Europäische Verbraucherzentrum hat den klassischen Dropshipping-Verlauf in 20 Schritten genauestens analysiert – von der Gründung des Webshops über die Bestellung bis zur Beschwerde durch Kund:innen. Aus Sicht des Europäischen Verbraucherzentrums (EVZ) sind die Nachteile schwerwiegend. Die Ware kommt oft verspätet und entspricht sehr häufig überhaupt nicht der beworbenen Qualität. Rücksendeadressen fehlen oder liegen außerhalb der EU. Das teure Rückporto nach Fernost muss selbst getragen werden. Firmendaten im Impressum fehlen oder sind unvollständig. Kontaktmöglichkeiten sind absichtlich eingeschränkt, um das gesetzliche Rückgaberecht auszuhebeln. Besonders bedenklich: Viele Dropshipping-Webseiten wenden gezielt Irreführung durch deutschsprachige Namen, .at- oder .de-Domains, heimatliche Motive und Nationalfarben sowie manipulierte Bewertungen an.
„Verbraucher:innen wissen in der Regel gar nicht, dass sie von einem Dropshipping Shop bestellen und die Lieferung meist aus China erfolgt“, erklärt der Leiter des Europäischen Verbraucherzentrums Österreich (EVZ) Mag. Reinhold Schranz. „Was zunächst wie ein günstiges Schnäppchen wirkt, entpuppt sich häufig als teure Enttäuschung: Nach wochenlanger Wartezeit erhalten Konsument:innen statt der beworbenen Qualitätsware minderwertige Produkte – schlecht verarbeitet, aus billigem Material und teils mit penetrantem Geruch.“
Das EVZ rät zu besonderer Vorsicht und empfiehlt, vor dem Kauf auf Webshops genau auf folgende Warnsignale zu achten, vor allem wenn die Preise sehr attraktiv wirken.
- Unvollständiges Impressum: Keine vollständige Firmenbezeichnung, fehlende Postadresse, keine UID-Nummer oder Handelsregisterangabe
- Firmenadresse: Google Maps zeigt ein Postfach (P.O. Box) oder ein privates Wohnhaus anstelle einer echter Unternehmensadresse
- Rücksendeadresse: Keine Adresse angegeben oder Rücksendung außerhalb der EU (z.B. nach China/Fernost)
- Rücksenderegelung: Teures Rückporto
- Kontaktmöglichkeiten: Nur ein Texteingabefeld, keine direkte E-Mail oder Telefonnummer
- Shop-Optik: Typisches Shopify-Design – viele Dropshipping-Seiten nutzen diese Plattform.
- Bewertungen: Keine oder auffallend schlechte Bewertungen auf unabhängigen Bewertungsplattformen.
- Warnlisten: Shop ist bereits bei der Watchlist Internet als problematisch gelistet.
„Buy Now, Pay Later“ vervielfacht Probleme
Wenn mit Bezahldiensten wie Klarna bestellt wurde, offenbart Dropshipping einen weiteren tückischen Aspekt. Bei dieser Bezahlmethode erhalten Händler:innen sofort ihr Geld, während unzufriedene Käufer:innen bei Problemen auf den Kosten sitzen bleiben. Mahnverfahren durch Inkassofirmen werden unerbittlich geführt – unbeeindruckt davon, dass die Lieferung mangelhaft war und Konsumentenschutzregeln von den Händler:innen missachtet wurden.
Dropshipping als ökologischer Sündenfall
Auch aus Sicht des Umweltschutzes ist das Konzept Dropshipping zweifelhaft. Minderwertige Produkte werden unter umweltschädlichen Bedingungen produziert, mittels Social Media und Suchmaschinen zu Billigstpreisen vermarktet und emissionsintensiv aus großer Entfernung importiert. Da es de-facto keinen Kundenservice gibt, Rückgaben nicht funktionieren und der Warenwert gering ist, endet ein großer Teil davon direkt im Müll.
Europäisches Verbraucherzentrum hilft!
Treten Probleme auf, sollten Verbraucher:innen schnell handeln: den Kaufvertrag widerrufen, eine Rückbuchung („Chargeback“) bei der Bank oder Kreditkartengesellschaft beantragen, Käuferschutzprogramme nutzen und sich frühzeitig an das Europäische Verbraucherzentrum wenden. „Wir lassen Konsument:innen nicht allein“, betont Mag. Reinhold Schranz, „unsere Rechtsberatung hilft, Ansprüche effektiv durchzusetzen.“
SERVICE: Weitere Informationen zu diesem Thema inklusive Musterbrief gibt es auf www.europakonsument.at/dropshipping.