Das Oberlandesgericht (OLG) Wien hat mehr als 20 Klauseln des Online-Nachhilfeunternehmens GoStudent GmbH (GoStudent) bezüglich der einseitigen AGB- und Leistungs-Änderung, des Verfalls von bezahlten Nachhilfeeinheiten und der automatischen Vertragsverlängerung für unzulässig erklärt. Damit bestätigt das Gericht in nahezu allen Punkten die Rechtsansicht des Vereins für Konsumenteninformation (VKI), der im Auftrag des Sozialministeriums 22 Klauseln von GoStudent geklagt hat. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Der Gesetzgeber sieht für automatische Vertragsverlängerungen klare Regelungen vor. GoStudent hat diese Vorgaben in seinen AGB jedoch nicht eingehalten, das bestätigte jetzt das OLG Wien. Der VKI hatte das Bildungs-Start-up geklagt, nachdem zahlreiche Beschwerden von Konsument:innen eingegangen waren. Bereits das Handelsgericht Wien hatte GoStudent die Verwendung dieser und zahlreicher weiterer Klauseln untersagt. GoStudent hat damals Berufung erhoben.
„Immer wieder machen wir die Erfahrung, dass bei Start-ups Konsumentenrechte nicht im Fokus stehen. Das ist besonders unverständlich, wenn es sich um medial vielbeachtete Unternehmen wie GoStudent handelt“, kommentiert Mag. Maximilian Kemetmüller, zuständiger Jurist im VKI. „Wir gehen davon aus, dass GoStudent das zweitinstanzliche Urteil anerkennt und sich endlich an seine rechtlichen Verpflichtungen hält.“
Bei GoStudent wird Kund:innen für die Dauer der Vertragslaufzeit monatlich eine vereinbarte Anzahl an Nachhilfeeinheiten gutgeschrieben und der entsprechende Betrag automatisch abgebucht. GoStudent sieht vor, dass diese Nachhilfeeinheiten verfallen, wenn sie nicht binnen eines Monats verbraucht werden. Das OLG Wien sieht darin eine unzulässige Regelung, weil die Einheiten auch dann verfallen sollen, wenn die Inanspruchnahme der Einheiten an GoStudent scheitern sollte. „Bezahlte Einheiten werden wertlos, wenn Schüler:innen die Einheiten – egal aus welchem Grund – nicht innerhalb eines Monats buchen und absolvieren können. Damit bereichert sich GoStudent zu Lasten von Konsument:innen, wenn diese ihre Nachhilfeeinheiten nicht nutzen können“, führt Mag. Kemetmüller dazu aus.
Das OLG Wien bestätigte auch, dass eine Klausel unzulässig ist, die es GoStudent jederzeit ermöglichen sollte, die über die Lernplattform angebotenen Services ohne Angabe von Gründen einzuschränken oder ganz einzustellen. Zudem untersagte das Gericht dem Unternehmen eine Bestimmung, die das gesetzlich zustehende Rücktrittsrecht von online abgeschlossenen Verträgen unzulässig einschränkt.
SERVICE: Das Urteil im Volltext gibt es auf www.verbraucherrecht.at/gostudent0723.