Bereits Ende 2018 hatte das Handelsgericht (HG) Wien infolge eines vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) erfolgreich geführten Verbandsverfahrens eine sogenannte „Garantieklausel“, die sich in vielen fondsgebundenen Lebensversicherungen befindet, rechtskräftig für unwirksam erklärt. In einem anschließenden Musterprozess, der im Auftrag des Sozialministeriums geführt wurde, ging es um die daraus resultierenden Rechtsfolgen. Das Handelsgericht (HG) Wien gab dem VKI erneut Recht und urteilte, dass die Garantiezusage nicht durch Kostenabzüge wie Abschlusskosten oder Verwaltungskosten geschmälert werden darf. Das Urteil ist rechtskräftig.
Gegenstand des Verfahrens war eine fondsgebundene Lebensversicherung der UNIQA mit Kapitalgarantie („Flex Solution“). Von dieser Kapitalgarantie konnte der Versicherungsnehmer vereinbarungsgemäß zum ersten Mal nach zehn vollendeten Kalenderjahren Gebrauch machen, dann wiederkehrend alle zehn Jahre. Trotz Inanspruchnahme zum richtigen Zeitpunkt erhielt der Versicherungsnehmer jedoch lediglich 82,21 Prozent der geleisteten Prämien. Der Auszahlungsbetrag betrug somit bei einer einbezahlten Gesamtprämiensumme von 201.687 Euro nur 165.811 Euro.
Der Versicherer berief sich dabei auf folgende im Vertrag enthaltene Garantieklausel: „Der Anleger erhält zum vereinbarten Stichtag Kapitalgarantie auf die Sparbeträge (=investiertes Kapital, dies entspricht den einbezahlten Beträgen abzüglich Versicherung, Steuer, Kosten, Gebühren, Risikobeitrag) sowie die aus der Veranlagung erwirtschafteten Erträge.“ Diese Klausel hatte das HG Wien aber bereits in einem zuvor vom VKI geführten Verbandsverfahren als intransparent beurteilt, weil daraus die Gesamtkostenbelastung nicht hervorgeht und somit für den Versicherungsnehmer die Höhe des garantierten Kapitals nicht ersichtlich ist.
In dem nunmehr geführten Musterprozess ging es darum, welche Rechtsfolgen die Unwirksamkeit dieser Garantieklausel für den einzelnen Versicherungsnehmer hat. Das HG Wien schloss sich der Rechtsmeinung des VKI an und urteilte, dass der Versicherer infolge Intransparenz der Garantieklausel nicht zum Abzug von Kosten (z.B. Abschlusskosten, Verwaltungskosten, Risikobeitrag) berechtigt ist und dem Versicherungsnehmer die einbezahlte Prämiensumme abzüglich der Versicherungssteuer ausbezahlen muss. Es sprach dem Kläger daher die gesamte eingeklagte Summe in Höhe von 27.808 Euro zu. Dem Standpunkt des Versicherers, dass die Klausel wegen der Aufklärung des Maklers im individuellen Fall wirksam vereinbart worden sei und die Kostenabzüge daher rechtmäßig erfolgten, erteilte das Gericht hingegen eine Abfuhr.
„Das Urteil freut uns sehr, denn von derselben oder einer vergleichbaren Kapitalgarantieklausel dürften sehr viele Versicherungsnehmer betroffen sein“, kommentiert Dr. Barbara Bauer, zuständige Juristin im VKI, das Urteil. „Die Thematik intransparenter Kosten bei Lebensversicherungen ist ein Dauerthema beim VKI und dieses Urteil stellt als weiterer wichtiger Beitrag für diesen Bereich sicher, dass Versicherer sich für die intransparente Ausgestaltung von Verträgen gegenüber ihren Kunden verantworten müssen.“
SERVICE: Das Urteil im Volltext gibt es auf www.verbraucherrecht.at.